Dämonische Wirklichkeiten und heilende Erfahrungen: Gedanken zum Sonntagsevangelium von der Heilung der Schwiegermutter des Petrus und der Besessenen

Im Evangelium zum Sonntag, dem vorletzten Sonntag in der Faschingszeit, ist die Rede von Jesus, der Krankheiten heilt, indem er Dämonen austreibt. (Mk 1,29-39) Die Vorstellung von Dämonen, die von Menschen Besitz ergreifen und deren Verhalten lenken, kann in einer fundamentalistischen Leseart gefährlicher Stoff sein. Verstörend sind jene Bilder, in denen „Geistheiler“ auftreten und den psychisch Erkrankten quasi „den Teufel austreiben“. Auf der anderen Seite ist es hilfreich, wenn uns das Evangelium vom dämonenaustreibenden Jesus die Fragen stellen lässt: Wo sind in unseren Lebenswirklichkeiten dämonische Phänomene zu finden? Wie lassen sich diese benennen und heilen? Solche Fragen können schnell beantwortet werden, wenn wir uns den Zusammenhang von Krankheit und dämonischer Besessenheit bewusst machen, der im Evangelium angesprochen wird. So können wir weiters fragen: Was macht unsere Welt krank? Woran erkrankt unsere Gesellschaft? Woran erkranken unsere Beziehungen? Die apokalyptischen Gefahren, die mit dem menschengemachten Klimawandel zu tun haben, sind weltweit die drastischen Symptome einer konsumistischen Besessenheit und egomanischen Orientierung. Es gilt, die Dämonen eines grenzenlosen Wachstumsparadigmas auszutreiben, damit die Welt geheilt wird. Wir erkennen die „bösen Geister“ in den Reden und Parolen, die von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit triefen und das gesellschaftliche Klima vergiften. Wir spüren das Dämonische in menschlichen Beziehungen, in denen rücksichtslos und lieblose eigene Interessen verfolgt werden.

Das Evangelium rückt in den Mittelpunkt aber auch Erfahrungen von dem, was heil macht: Die Erfahrung, dass der Dämon der Einsamkeit vertrieben wird durch wertschätzende Begegnungen. Die Erfahrung, dass der Dämon der Verbitterung aufgrund erlittenen Unrechts durch versöhnendes Aufeinander-Zugehen seine Macht verliert. Wenn in den vergangenen Wochen Abertausende Menschen auf die Straßen gegangen sind, um die bösen Geister des Rechtsextremismus zu vertreiben, wenn Umweltschutzgruppen durch Aktionen die Dämonen der Naturzerstörung vertreiben wollen, dann klingt für mich in all dem viel an, wovon uns das älteste der vier Evangelium vom Leben Jesu so deutlich erzählt. Dämonen können ihre Macht verlieren – nicht mit Hokuspokus, sondern durch zärtliche Zuwendungen, versöhnendes Verhalten, therapeutische Expertisen und politisches Engagement. Viele sind heute unterwegs in der Nachfolge Jesu und seiner Heilungsgeschichten. Die Therapeutin, die mit ihrem Fachwissen in schwierigen Situationen psychische Krankheiten heilen kann. Ein Politiker, der sich nicht anstecken lässt vom krankhaften Narzissmus, sondern sich uneigennützig für das Wohl aller einsetzt. Eltern, die ihre Kinder trösten können, Kinder, die ihre einsam gewordenen Eltern nicht alleine lassen. In ganz einfachen Worten erzählt uns der Evangelist Markus am Beispiel Jesu, wie solches Handeln gelingt: Erstens gilt es, nicht blind zu sein für Menschen die krank an Körper und Seele sind. Jesus sieht die Krankheit der Schwiegermutter des Petrus. Zweitens geht Jesus aktiv auf sie zu. In solcher Zuwendung liegt schon ein erster Schritt der Heilung. In all den Heilungsgeschichten spricht Jesus den Kranken Mut zu. Oft fragt er sie: „Glaubst du, dass du gesund werden kannst?“ Damit fordert er die Kranken auf, selbst aktiv in den Heilungsprozess einzusteigen. Drittens ist eine Heilung immer systemisch zu sehen. Geheilt wird auch der Gesamtzusammenhang. In der Geschichte von der „Heilung der Schwiegermutter des Petrus“ heißt es so wunderschön, dass sie nach der Heilung aufsteht und unmittelbar wieder ihre gestaltende soziale Rolle einnimmt.

Klaus Heidegger, 4.2.2024

Kommentare

  1. Was macht unsere Gesellschaft krank ?
    Zumindest das Phénomène des Extrêmen.
    Die Discussion heute wird nur von d’en Extremen gefûhrt und daher kommt man nicht zu einem Kompromiss de beiden Seiten gerecht wird.

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